Resolutionsvorschlag gegen die Errichtung eines Kraftwerks am Lech

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

CSU, BÜNDNIS 90/Die Grünen, SPD, Bürgerliche Mitte (Freie Wähler, FDP, Pro Augsburg) und die Stadträtinnen und Stadträte von Generation Aux, Die Partei, ÖDP, Augsburg in Bürgerhand, Freie Wählerund die parteilose Stadträtin Margarete Heinrichstellen folgenden Antrag:

  1. Der Augsburger Stadtrat spricht sich in Form einer Resolution gegen die Errichtung eines Kraftwerks im Projektgebiet von “licca liber” aus. Dabei sind die Positionen von Lechallianz, BUND und weiteren Fachverbänden zu berücksichtigen.
  2. Die Stadt Augsburg wirkt auf allen Ebenen darauf hin, eine Renaturierung des Lechs im Sinne des Prozessnaturschutzes zu ermöglichen und voranzutreiben, um den besonderen Wert des Lechs als Natura 2000-Gebiet zu erhalten und als Lebensraum bedrohter Arten zu schützen. 
  3. Die Stadt Augsburg erkennt die Bedeutung von Flüssen für Wasser, Flora und Fauna an, die gerade in Zeiten des Klimawandels besonders vulnerabel und zu schützen sind. Renaturierung kann hierbei für eine größere Resilienz von Gewässern sorgen.

Begründung:

zu 1.) Eine Resolution gegen die Errichtung eines Kraftwerkes zwischen Mandichosee und Hochablass schließt an die Position von Lechallianz, BUND und weiteren Fachverbänden an, die folgenden Argumente basieren auf Austausch und fachlichen Stellungnahmen dieser Verbände.

Der Lech ist der am stärksten mit Wasserkraftanlagen verbaute Fluss Bayerns. Wasserkraftanlagen bilden Barrieren und haben deshalb in großem Ausmaß negative Auswirkungen auf die Gewässerökologie. Ein weiteres Kraftwerk im Lech steht im deutlichen Widerspruch zu den Zielen des Projekt licca liber. Mit dem Projekt „licca liber“ soll der Lech durch Renaturierung auf einer Länge von etwa zehn Kilometern wieder seinen ursprünglichen Charakter als Wildfluss zurückerhalten. Geplant ist, dass der Lech von 80 Meter auf 130 Meter verbreitert wird. Zudem sollen Uferverbauungen reduziert und neue Sekundärauen geschaffen werden. Die Idee ist, neuen wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu kreieren. Die neu geschaffenen Auen sollen regelmäßig überschwemmt werden und sie werden wertvolle Lebensräume für viele seltene und bedrohte Arten der Flusslandschaft darstellen. Der Lech wird in der Lage sein, zu mäandern, Kiesbänke zu bilden und diese mit der Zeit wieder zu verändern. 

Die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien ist ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele. Aus diesem Grund liegt auch die Wasserkraft nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz grundsätzlich im überwiegenden öffentlichen Interesse - allerdings nur soweit, wie nicht andere hochwertige Schutzgüter beeinträchtigt werden. In diesem Fall ist eine einzelfallbezogene Abwägung von energiepolitischen und naturschutzfachlichen Belangen erforderlich. Ein Wasserkraftwerk würde hier unmittelbar in die Fließdynamik des Lechs eingreifen, da es den Großteil des Wassers aus dem Lechbett entnimmt und durch die Turbinen leitet. Wie die Lechallianz feststellt, liegt “der Standort dieses Wasserkraftwerkes [...]in der letzten größeren Fließstrecke des gesamten bayerischen Lechs im Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“ und in einem Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) nach EU-Recht. Das Schutzgebiet beinhaltet letzte Reste der alten Flusslandschaft, neben Heiden und Schneeheide-Kiefernwälder auch Kalkflachmoore, Quellbäche, Quellfluren und wechselfeuchte Areale.” 

Ein Kraftwerk in diesem ökologisch hochsensiblen und wertvollen Bereich würde die Lebensbedingungen für die Fische des Lechs - darunter landesweit seltener und bedrohter Fischarten wie Huchen, Nase, Äsche und Barbe - nachhaltig verschlechtern und zu Schädigungen und Tötungen bei der Passage durch die Turbinen führen. 

zu 2.) “In ihrer Biodiversitätsstrategie (Beschluss des Umweltausschusses vom 19.10.2009) wünscht sich die Stadt Augsburg für den Lechabschnitt im „Stadtwald Augsburg“ eine Vitalisierung, gerade auch im Hinblick auf den Erhalt wesentlicher Biotope im Naturschutzgebiet. Nur noch hier könnte sich bei entsprechender Gestaltung ein Lebensraum für Arten von Fließgewässern etablieren. Das geplante Wasserkraftwerk läuft diesem Ziel der Revitalisierung zuwider und verstetigt einen technisch erheblich veränderten Zustand, was nicht im Sinne der Stadt Augsburg ist, ist bereits in der Resolution der Stadt Augsburg für eine Revitalisierung des Lechs zwischen Staustufe 23 und Hochablass festgehalten.

Das Naturschutzgebiet “Stadtwald Augsburg” stellt bereits jetzt aufgrund seiner hohen Artenvielfalt und als größter zusammenhängender Auwaldbestand am Lech mit großer Biotopdichte eines der wichtigsten Naturschutzgebiete in Bayern dar. Der Wald bietet noch viele der Lebensraumtypen voralpiner Flüsse und beheimatet fast alle Sukzessionsstadien von der Weiden-Aue (Salicetum) über Kiefernheidewald zum Laubmischwald. Bemerkenswert ist die Vielzahl der Quellen und Aubäche, die meist nur wenig oder ganz unverbaut erhalten sind. Zudem ist es wesentlicher Teil der "Biotopbrücke Lechtal".

Fazit zu 1.) und 2.): Ein Wasserkraftwerk widerspricht dem Schutzzweck des Naturschutzgebietes. Bei der einzelfallbezogenen Entscheidung zwischen dem öffentlichen Interesse der Wasserkraftnutzung und der Bedeutung der freifließenden Lechstrecke des licca liber-Projektes fällt die Abwägung aufgrund der hohen naturschutzfachlichen Bedeutung der Revitalisierung des Lechs für teilweise stark gefährdete Arten (Flora und Fauna) eindeutig zugunsten des Naturschutzes aus. Eine Verträglichkeitsprüfung wird nach vernünftigen Maßstäben zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Wasserkraftwerk aufgrund der Schädigung des Fischbestandes sich nachteilig auf das Natura 2000-Gebiet und das Naturschutzgebiet auswirkt.

zu 3.) Flüsse und Bäche versorgen uns mit Trinkwasser und dienen der Erholung. Als Lebensraum für Fische tragen sie auch zu unserer Ernährung bei. Durch den technischen Ausbau würden viele ihrer natürlichen "Leistungen" verlorengehen. So können die Auen keinen Hochwasserschutz mehr leisten, wenn sie nicht überflutet werden können. Durch die Renaturierung von Fließgewässern holen wir uns diese Leistungen zurück. Flüsse und Bäche dienen der Wasserversorgung, als Verkehrswege und sie sind wichtige Kompartimente der Abwasserbehandlung. Die Industrie nutzt sie für Kühlzwecke und Produktionsprozesse, die Landwirtschaft zur Bewässerung. Zusammen mit ihren Auen sind Fließgewässer der Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten. Fließgewässer haben vor allem in urbanen Räumen eine ausgleichende Wirkung auf das Lokalklima und unterstützen die Frischluftzufuhr in Städten. An zugänglichen und attraktiven Flüssen können sich die lokale Bevölkerung und Reisende entspannen und erholen.

In der Vermittlung zwischen Naturschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien ist daher eine Aufstockung und Verbesserung bestehender Kraftwerke im Sinne der Effizienzsteigerung und Energieversorgung eher anzustreben als ein Neubau von Wasserkraftanlagen. Generell sollte ein Abbau von Barrieren im Zuge von Revitalisierungsmaßnahmen in Flüssen erfolgen, um Klima-, Arten- und Naturschutz zu ermöglichen. 

Als Alternative zum Bau eines weiteren Kraftwerks am bereits stark verbauten Lech bieten sich insbesondere verstärkte Investitionen in die Modernisierung von bestehenden Kraftwerken am Lech an. Zusammengefasst rechtfertigen die Vorteile eines weiteren Wasserkraftwerks am Lech also die gravierenden Nachteile für den Natur-, Trinkwasser- und Artenschutz nicht.

Mit freundlichen Grüßen

CSU, BÜNDNIS 90/Die Grünen, SPD, Bürgerliche Mitte Freie Wähler, FDP, Pro Augsburg, und die Stadträtinnen und Stadträte von Generation Aux, Die Partei, ÖDP, Augsburg in Bürgerhand, Freie Wählerund die parteilose Stadträtin Margarete Heinrich

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