Antrag: Selbstverständnis Friedensstadt

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

mit dem Hohen Friedensfest am 08. August verfügt Augsburg über einen bundesweit einmaligen Feiertag. Am 8. August 1650 feierten die Protestanten Augsburgs nach dem 30-jährigen Krieg ihre Gleichstellung mit den Katholiken und damit das Ende ihrer Unterdrückung. Seitdem wird jährlich das Hohe Friedensfest begangen, das 1950 zum gesetzlichen Feiertag erklärt wurde und 2018 in das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNSECO aufgenommen wurde. Auf diesem Feiertag basieren das Selbstverständnis und das Bekenntnis zur „Friedensstadt Augsburg“ und der Auftrag, das friedliche Miteinander in die Gegenwart zu tragen.

Die Bürgerinnen und Bürger Augsburgs identifizieren sich mit der Friedensstadt Augsburg. Sowohl die Stadtverwaltung und die Kirchen als auch Religionsgemeinschaften, Vereine, Initiativen und Privatleute tragen durch vielfältige Aktivitäten im sozialen und gesellschaftspolitischen Bereich als auch im religiös-weltanschaulichen und kulturell-künstlerischen Bereich dazu bei, das Profil einer lebendigen „Friedensstadt“ durch ein aktiv gestaltetes Miteinander zu prägen.

Antrag:

Um dem Selbstverständnis als Friedensstadt verstärkt Ausdruck zu verleihen, beantragen die Fraktionen von CSU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Bürgerliche Mitte das beigefügte Selbstverständnis als Selbstverpflichtung dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Darüber hinaus soll die Verwaltung geeignete Maßnahmen zur Verbreitung der Erklärung ergreifen.

Begründung:

Durch die Erklärung soll der Selbstverpflichtung Ausdruck verliehen werden, dass das friedliche Miteinander auf allen Ebenen in der Stadt gefördert werden soll. Vor dem Hintergrund der zeitgemäßen Weiterentwicklung des historischen Erbes soll dieser Prozess kontinuierlich überprüft, angepasst und fortgeschrieben werden. Dabei soll die Erklärung als Basispapier für weiterführende Dokumente, wie beispielsweise den Aktionsplan gegen Antisemitismus, dienen.

Die Verwaltung soll geeignete Maßnahmen zur Verbreitung der Erklärung treffen. In Betracht kommen beispielsweise die Unterzeichnung durch Unternehmen, Einrichtungen, Uni etc. (analog zur Charta der Vielfalt), Bekanntmachung in Schulen (Anknüpfungspunkte z.B. das Projekt „Schule ohne Rassismus?“ oder „Lernort Rathaus“) oder Verteilung an Neubürgerinnen und  -bürger und neue Mitarbeitende in der Verwaltung (z.B. in Form eines Flyers oder als Urkunde).

Mit freundlichen Grüßen   

Uz.:

Leo Dietz
Fraktionsvorsitzender CSU

Verena von Mutius-Bartholy
Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen

Peter Rauscher
Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Florian Freund
Fraktionsvorsitzender SPD

Lars Vollmer
Fraktionsvorsitzender Bürgerliche Mitte

Anhang:

Selbstverständnis der Friedensstadt Augsburg

Präambel

Mit dem Hohen Friedensfest am 08. August verfügt Augsburg über einen bundesweit einmaligen Feiertag. Am 8. August 1650 feierten die Protestanten Augsburgs nach dem 30-jährigen Krieg ihre Gleichstellung mit den Katholiken und damit das Ende ihrer Unterdrückung. Seitdem wird jährlich das Hohe Friedensfest begangen, das 1950 zum gesetzlichen Feiertag erklärt wurde und 2018 in das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNSECO aufgenommen wurde. Auf diesem Feiertag basieren das Selbstverständnis und das Bekenntnis zur „Friedensstadt Augsburg“ und der Auftrag, das friedliche Miteinander in die Gegenwart zu tragen.

Die Bürgerinnen und Bürger Augsburgs identifizieren sich mit der Friedensstadt Augsburg.[1] Sowohl die Stadtverwaltung und die Kirchen als auch Religionsgemeinschaften, Vereine, Initiativen und Privatleute tragen durch vielfältige Aktivitäten im sozialen und gesellschaftspolitischen Bereich als auch im religiös-weltanschaulichen und kulturell-künstlerischen Bereich dazu bei, das Profil einer lebendigen „Friedensstadt“ durch ein aktiv gestaltetes Miteinander zu prägen.

Das Selbstverständnis stellt eine Selbstverpflichtung dar, das friedliche Miteinander auf allen Ebenen zu fördern. Vor dem Hintergrund der zeitgemäßen Weiterentwicklung des historischen Erbes soll dieser Prozess kontinuierlich überprüft, angepasst und fortgeschrieben werden.

Selbstverpflichtung

In einer vernetzten Welt haben globale und geopolitische Konflikte auch Auswirkungen auf das Leben von Bürgerinnen und Bürgern in Augsburg. Diese Konflikte können nicht in Augsburg gelöst werden.

Friedensstadt heißt für uns, dass das friedvolle Miteinander hier in Augsburg unser höchstes Gut ist, dass wir uns mit Menschlichkeit, Empathie, Toleranz und Respekt begegnen und für Vielfalt und Demokratie einstehen.

Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und jegliche Form von Diskriminierung, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit haben in Augsburg keinen Platz.

Die Friedensstadt Augsburg sieht Frieden als…

… Bekenntnis zum friedlichen Miteinander

Wir treten dafür ein, dass der Mensch im Mittelpunkt des kommunalen Handelns steht. Wir sehen die Förderung des Friedens als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir fördern den friedlichen Diskurs durch Beteiligungsprozesse. Wir streben die Mitgestaltung und Vernetzung innerhalb der Stadt und die Bündelung und Darstellung von Friedensaktivitäten an. In diesem Sinn werden individuelle Entscheidungen auf rechtlicher und struktureller Ebene zum Wohl für alle in Augsburg lebenden Menschen gefällt.

… Bekenntnis zur gesellschaftlichen Vielfalt

Wir fördern eine inklusive Stadtgesellschaft und stellen uns entschieden gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, insbesondere gegen Diskriminierung auf Grund von antisemitischen oder rassistischen Gründen, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Glaube oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Wir sehen die religiöse und kulturelle Vielfalt unserer Stadt als Stärke und setzen uns für die gleichberechtigte Teilhabe aller Augsburgerinnen und Augsburger ein.

… Bekenntnis gegen Gewalt und Extremismus

Wir stellen uns gegen jegliche Formen von Ausgrenzung, Extremismus, Fundamentalismus und den Einsatz oder die Legitimierung von struktureller, direkter und kultureller Gewalt und bekennen uns zur demokratischen Grundordnung.

… Bekenntnis zu einer wertegeleiteten Sicherheitspolitik

Auf die auswärtige und militärgestützte Sicherheitspolitik des NATO-Partners Deutschland hat die Kommune keinen Einfluss. Wir erkennen aber an, dass der Schutz unseres friedlichen Zusammenlebens in einer freiheitlichen Demokratie auch die Fähigkeit zur militärischen Selbstverteidigung beinhaltet. Der inhärente Widerspruch gegen Krieg zu sein, aber die demokratische Werteordnung im Zweifel militärisch verteidigen zu müssen, kann von dem nach innen gerichtetem Verständnis der Friedensstadt Augsburg nicht aufgelöst werden. Hierzu gehört auch, die lokale Präsenz von Rüstungsunternehmen nicht zu eskamotieren, sondern als ein Element wertegeleiteter Sicherheitspolitik anzuerkennen. Wir respektieren individuelle Haltungen und Formate der verschiedenen Augsburger Friedensinitiativen, die sich kritisch mit der militärgestützten Sicherheitspolitik auseinandersetzen.  


[1] Bei der Bürgerumfrage 2015 wurde dieses Selbstverständnis von den Befragten am zweithäufigsten genannt (35,7 %). Für die Bürgerumfrage 2025 wird die Frage erneut aufgenommen. 

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