Antrag: AVV-Tarifreform (Evaluierung)

Die CSU-Stadtratsfraktion beantragt,


1. den Aufsichtsratsvorsitzenden des Augsburger Verkehrs- und Tarifverbundes (AVV), Herrn Landrat Martin Sailer, in der nächsten Gremiensitzung des AVV zu beauftragen, analog dem Nürnberger Tarifverbund und in Anlehnung an die umfangreiche Unterstützung des Freistaates Bayern zugunsten des Münchner Tarifverbundes (Ausgleich der Mindereinnahmen aus den geplanten Tarifmaßnahmen in Höhe von 35 Mio. Euro jährlich für die nächsten fünf Jahre) eine ebensolche Förderung zu beantragen.

2.   dass die Stadt Augsburg als Aufgabenträgerin und damit als ein eigenständiger Partner im AVV zur Begleitung der bereits im Jahr 2017 beschlossenen Evaluierung einen von den Stadtwerken unabhängigen Gutachter beauftragt. Die Verwaltung hat dem Stadtrat einen geeigneten Vorschlag zur Entscheidung vorzuschlagen. Der Gutachter soll bereits jetzt beginnen, die von der Bevölkerung empfundenen größten Mängel der Tarifreform aufzunehmen, qualifiziert zu bewerten und Vorschläge zu unterbreiten, in welchen Punkten die Tarifreform nachgebessert werden kann und muss. Hierfür sind auch die Eckpunkte, die der Stadtrat für die Tarifreform im Jahr 2015 beschlossen hat, einer Überprüfung zu unterziehen.


Begründung:


Der öffentliche Personennahverkehr ist strukturell unterfinanziert. Allein im Stadtgebiet Augsburg beträgt die Kostendeckung durch Ticketeinnahmen lediglich rund 50%. Die weiteren 50% werden über den Querverbund innerhalb der Stadtwerke, ÖPNV-Zuweisungen und sonstige öffentliche Mittel gedeckt. Alleine der Querverbund innerhalb der Stadtwerke Augsburg hat in den letzten Jahren zwischen 40 und 45 Millionen Euro pro Jahr betragen.

Nachdem aber der Querverbund innerhalb der Stadtwerke nur solange funktionieren kann, solange mit den anderen Geschäftsfeldern der swa Geld verdient wird, wurde als ein Parameter für die Tarifreform, die zum 1.1.2018 in Kraft getreten ist, formuliert, dass die Tarifreform zur Voraussetzung hat, dass nicht mehr – aber auch nicht weniger – Mittel im System zur Verfügung stehen.

Der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) hat sich in einem zähen Ringen für eine Reform entschieden. Bemerkenswert ist, dass diese Reform zu einer Zeit erarbeitet und verabschiedet wurde, als der ÖPNV noch nicht im Fokus der (Landes-)Politik stand. Dies hat sich erst durch den Dieselskandal, drohende Fahrverbote und der neuen Frage, welche Mobilität wir in den deutschen Städten denn wollen, verändert.

Die Diskussion der letzten Monate hat die Hoffnung geweckt, dass künftig der ÖPNV im Fokus von Förderkulissen steht, mit der Folge, dass sich tatsächliche Entlastungen bei den Fahrgästen, also unseren Bürgerinnen und Bürgern, ergeben können.


zu 1:

Auch der MVV ist seit einiger Zeit dabei, eine Tarifreform zu erarbeiten. Diese ist bislang aber an den fehlenden Mitteln im System gescheitert, die nun der Freistaat Bayern mit insgesamt 175 Mio. Euro mit auffängt. Auch wenn im Großraum München die Herausforderung bzgl. der Einhaltung der Grenzwerte bei den Luftschadstoffen besonders ist, so ist doch auf das Verfassungsziel der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in ganz Bayern hinzuweisen. Auch die anderen Verkehrsverbünde in Bayern (12 mit integriertem Schienenverkehr, 25 ohne integrierten Schienenverkehr) müssen unterstützt werden. Der Nürnberger Verkehrsverbund hat diese Unterstützung beim Freistaat Bayern bereits eingefordert. Der AVV soll hier gleichziehen.


zu 2:
Bei der AVV-Tarifreform mussten viele Interessen unter einen Hut gebracht werden: Die der vier Aufgabenträger ebenso wie die der Verkehrsunternehmen. Erklärtes Ziel, das im Rahmen des Konzeptbeschlusses 2016 auch einstimmig in den zuständigen Gremien verabschiedet wurde, war eine Stärkung der Kundenbindung, sprich: durch eine relative Verteuerung der Einzeltickets wurden die Abos attraktiver gemacht und mit dem  System Kurzstrecke wurde ein Verfahren eingeführt, das in vielen anderen deutschen Großstädten gang und gebe ist.

Die Zahlen geben der Strategie grundsätzlich recht. Mit einer Steigerung der Abozahlen um rund 20% konnten im vergangen Sommer („Jahrhundertsommer“) die Einnahmen stabil gehalten werden, was ansonsten sicher kaum möglich gewesen wäre. Das neue System dient also auch der Stabilisierung unserer Stadtwerke insgesamt.

Und trotzdem: Der Unmut über die Tarifreform ist auch über ein Jahr später noch deutlich spürbar. Insbesondere die Kurzstreckenregelung, die Erreichbarkeit der Stadtteilzentren oder das Seniorenabo sind Themen, die immer wieder in Bürgersprechstunden angesprochen werden.

Die Erfahrung aus den letzten Monaten zeigt, dass eine alleinige Begleitung der Evaluierung von Seiten der swa nicht zielführend ist. Dies zeigt sich vor allem darin, dass die Stadt auch gesellschaftliche Aspekte im Blick haben muss, alleine die wirtschaftliche Brille der swa reicht nicht aus. Um deswegen unabhängig von der Beurteilung der Stadtwerke zu einer echten Evaluierung der Tarifreform zu kommen, soll die Stadt Augsburg in ihrer Funktion als Aufgabenträgerin separat durch einen eigenen Gutachter den Evaluierungsprozess begleiten lassen. Damit es nicht zu zeitlichen Verzögerungen kommt, kann dieser bereits zeitnah mit der Bestandsaufnahme beginnen, die empfundenen Schwachpunkte identifizieren und im Abgleich mit dem Gesamtsystem Vorschläge erarbeiten. Ziel soll sein, ein Maßnahmenpaket zu erhalten, an welchen Punkten mit welchem Mitteleinsatz Veränderungen möglich gemacht werden müssen.


Unterzeichner:

Bernd Kränzle, StR, Fraktionsvorsitzender
Johannes Hintersberger, MdL, StR
Leo Dietz, StR
Claudia Haselmeier, StRin
Peter Uhl, StR
Ralf Schönauer, StR
Andreas Jäckel, MdL, StR
Marc Zander, StR

PDF Herunterladen
zurück